Dr. Katja Bett // Expertin für E-Learning und Personalentwicklung

DR. KATJA BETT // EXPERTIN FÜR E-LEARNING UND PERSONALENTWICKLUNG

Personzentrierter Ansatz

Der personzentrierte Ansatz bildet für mich eine wichtige Arbeitsgrundlage und er spiegelt meine Haltung wider. Ich habe von 2006 bis 2008 die Grundausbildung in personzentrierter Beratung und Gesprächspsychotherapie absolviert. Seit 2009 und bis 2012 setze ich meine Ausbildung in der Aufbaustufe personzentrierter Personal- und Organisationsentwicklung fort. Damit Sie nachvollziehen können, was unter dem personzentrierten Ansatz verstanden wird und warum ich ihn hier ausdrücklich erwähne, finden Sie im Folgenden ein paar Anmerkungen dazu: Viel Spaß beim Lesen!

Der personzentrierte Ansatz oder pca- personcentered approach wurde von Carl Rogers entwickelt. Ursprünglich in Deutschland unter dem Namen “klientenzentrierte Gesprächspsychotherapie” eingeführt, hat sich inzwischen der von Carl Rogers selbst geprägte Begriff der “personzentrierten Vorgehensweise” etabliert. Dieser Begriff umschreibt wesentlich besser, was Rogers mit seinem Ansatz verfolgt: Nämlich die Person in den Mittelpunkt zu stellen und damit auch das Vertrauen in die konstruktive Entwicklungsfähigkeit, die jeder Mensch in sich birgt.

Das Menschenbild im pca

Dem personzentrierten Ansatz liegt ein humanistisches Menschenbild zugrunde. Anders als in der Psychoanalyse und den kognitiven Theorien, wo unbewusste Triebe bzw. Reiz-Reaktions-Verhalten den Menschen bestimmen, geht die humanistische Psychologie von der Selbststeuerung des Individuums aus. Der Mensch wird als ganzheitliches Wesen (Kognition, Emotion und Motivation) betrachtet, dessen Ziel die Selbstverwirklichung ist. Es wird davon ausgegangen, dass jeder Mensch in der Lage ist, seine Fähigkeiten bestmöglich einzusetzen, um all seine Bedürfnisse zu befriedigen. Und zwar ganz wesentlich im Erleben der Beziehung von Mensch zu Mensch!

Grundprinzipien im pca

Wesentlich am personzentrierten Ansatz von Carl Rogers sind die sechs notwendigen und hinreichenden Bedingungen:

  1. Es besteht ein Kontakt zwischen zwei Menschen (zwischen Klient und Berater),
  2. der Klient ist inkongruent mit sich selbst (er spürt ein „Spannungsfeld“ mit sich selbst),
  3. der Berater hingegen ist kongruent (d.h. mit sich „eins“ und nicht Fassadenhaft),
  4. der Berater akzeptiert den Klienten in Form einer nicht an Bedingungen geknüpfte Wertschätzung (Akzeptanz),
  5. der Berater erfährt auf dem Weg der Einfühlung das innere Erleben des Klienten (Empathie)
  6. und der Klient nimmt (zumindest in Ansätzen) wahr, dass ihn der Berater empathisch versteht und ohne ihm Bedingungen zu stellen, wertschätzt.

Oftmals wird Rogers auf die Verbalisierung emotionaler Inhalte reduziert. Die sechs Bedingungen oben hingegen verdeutlichen, dass es im personzentrierten Ansatz um die „echte“ Beziehung zwischen Klient und Berater geht und nicht um die Anwendung von Techniken oder Expertenwissen (Rogers, 2009). Wesentlich dabei ist auch das Vertrauen in die so genannte „Aktualisierungstendenz“ des Klienten. Das bedeutet, dass jede Person von Natur aus danach strebt sich zu erhalten und zu entfalten, „jede Person ist Experte für sich“ (Kunze, 2008).

Was ist das Besondere am personzentrierten Ansatz für die Personalentwicklung und E-Learning?

Rogers hat sich immer wieder in seinen Publikationen mit dem personzentrierten Ansatz in Beratungs- und Anwendungsfeldern auseinandergesetzt, die über die reine Therapeuten-Klienten-Beziehung hinausgeht. Beispielsweise mit seinem Konzept zu den „Encounter-Gruppen“, mit seinen Thesen zu „Großgruppen“, in seinen Überlegungen zum „Handeln in Organisationen“ oder in seinem Verständnis vom personzentrierten Lehren und Lernen (z.B. sein Buch Lernen in Freiheit). Daher ist es nicht weiter verwunderlich, dass der personzentrierte Ansatz auch Eingang in die Berufs- und Arbeitswelt gefunden hat. In den letzten Jahren hat sich in Deutschland (u.a. durch die Fachgesellschaft GwG e.V.) die Auseinandersetzung mit dem personzentrierten Ansatz in der Personal-/Organisationsentwicklung herausgebildet, z.B. die Themen „Personzentrierte Führung“ (Wüntsch, 2009; Hausmann, 2009), „Personzentrierte Erwachsenen-/Weiterbildung“ (Kunze, 2008) oder „Personzentriertes Coaching“ (Steinhage, 2006).

Das Konzept der Organisationsentwicklung (OE) (im Gegensatz zur Organisationsberatung) macht den Berührungspunkt zum personzentrierten Ansatz deutlich. „Von Organisationsentwicklung wird dann gesprochen, wenn ein partizipativer Ansatz zur Anwendung kommt, bei dem die Organisationsmitglieder aktiv einbezogen werden, und nicht, wenn wie bei Beratung vorwiegend direktiv (z.B. Gutachten) vorgegangen wird“ (Schmid, 1996). Das bedeutet also, dass ein personzentrierter Ansatz dann für Organisationen interessant ist, wenn in der OE ein personaler Ansatz verfolgt wird (z.B. die Förderung der Autonomie von Personen und Gruppen). Ebenso in der Personalentwicklung (PE) ist der personzentrierte Ansatz insbesondere dann von Bedeutung, wenn die Organisation davon ausgeht, dass berufliches Handeln ein Ausdruck persönlichen Handelns ist. In der personzentrierten PE geht es um die Sichtweise des Mitarbeiters als Person im beruflichen Kontext. Menschen sollen sich auch im beruflichen Alltag als „Person“ verstehen und als solche handeln können (Schmid, 1996).

Der personzentrierte Ansatz ist langjährig erforscht und wird durch mehrere länderspezifische Fachverbände vertreten (z.B. GwG e.V., pca.acp, pce-europ, ba-pcaad-pca).

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